Kommunikation ist voraussetzungsvoll. In hybriden und virtuellen Settings mehr denn je, da durch die Einschränkung der Körpersprache einerseits mehr sprachliche Präzision und Modulation gefordert ist, als auch dass schlicht mehr Ablenkungs- und Nebenbeschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Jeder, der schon einmal E-Mails während eines virtuellen Meetings bearbeitet hat, weiß was ich meine.

Zudem ermüdet virtuelle Kommunikation schneller, wenn sie nicht an unseren Bedürfnissen ansetzt. Diese Bedürfnisse können auch im Virtuellen gemäß dem Riemann-Thoman-Modell in vier Typen unterteilt werden. Nähe-, Distanz-, Dauer- und Wechseltypen. Sowohl unterscheiden sich die Typen in ihren Stärken und Schwächen als auch erfordern alle Kommunikationstypen einen eigenen Umgang. Hybride und virtuelle Arbeitsumgebungen erfordern eine klare und effektive Kommunikation, um das Engagement, die Zusammenarbeit und das Verständnis unter den Teammitgliedern aufrechtzuerhalten. Hier hilft ein Wissen um diese Kommunikationstypen.

Was sind die Stärken und Schwächen der Kommunikationstypen in einer hybriden Welt? Wie können sich die einzelnen Typen weiterentwickeln? Wie gestalten Sie den Umgang und den Alltag mit dieser Person optimal?

Nähetyp

Stärken

Immer wo Kommunikation stattfindet, gibt es eine Sach- und eine Beziehungsebene. Die Beziehungsebene ist im Fokus des Nähetypen. Der Nähetyp bevorzugt enge und tiefe Beziehungen zwischen ihm und seinen Mitmenschen. Er oder sie gewichtet das „Wie“ der Kommunikation deutlich höher als das „Was“. Dadurch ist er oder sie ein sehr achtsamer Kommunikator, fordert dies aber ebenso von seinem Gegenüber. "Du kannst mir alles sagen, aber der Ton macht die Musik" ist das Motto dieses Typs. Empathie, die Fähigkeit sich in andere hineinzuversetzen und Emotionen nachzuempfinden, ist bei diesen Typus Mensch sehr ausgeprägt. Durch diese Charaktereigenschaft fungieren sie in Teams oft als „Teamkleber“, der dafür sorgt, dass es allen gut geht und das ein Teamgeist bspw. durch die Planung von Events erhalten bleibt. Desto mehr Events in persona, desto mehr blüht er oder sie auf.

Schwächen

Arbeiten über Distanz führt beim Nähetypen oft zu einem Gefühl von Einsamkeit (trotz häufig viel Kontakt), vor allem wenn es im virtuelle Gespräch meist nur um die Sachebene geht und keine wirkliche Beziehungstiefe gefördert wird oder schlicht nicht aufkommen mag. Dies versucht er oder sie durch eine Erhöhung der Interaktionsfrequenz zu kompensieren, wodurch Arbeit liegen bleiben kann.
In einer sich immer schneller wandelnden Arbeitswelt, in der unterschiedlichste Rationalitäten von Abteilungen miteinander konkurrieren, nehmen Konflikte zu. Für den Nähetypen ist das ein nachhaltiges Problem, da diese Menschen oft sehr konfliktavers sind.

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Foto (C) Alexander Grey auf Unsplash

Umgang

Synchrone Medien: Der Nähetyp bevorzugt synchrone Kommunikation. Treffen sie sich so oft es geht persönlich, per Videokonferenz oder sprechen Sie zumindest per Telefon miteinander. Stimme übertragt Stimmung und vermittelt häufig wie eine Botschaft tatsächlich gemeint war. Das ist wichtig für den Nähetyp, da er oder sie sich sonst Gedanken macht, ob die Beziehungsebene gerade leidet. Zudem können über synchrone Kanäle emotionale Verbindungen besser gestärkt werden.

Emotionaler Check-in: Um in Meetings das Verständnis füreinander und die Atmosphäre zu verbessern können kurze Check-ins am Anfang und am Ende eingeführt werden. Ein tolles Tool dafür ist der Check-In Generator. Jedes Teammitglied öffnet sich dabei, teilt seine oder ihre Stimmungslage mit und zeigt sich auch als private Person. Alternativ können fachliche und soziale Meetings getrennt werden. Bei einem meiner Kunden führen freitags alle Teams "Social Glue Meetings" durch, bei denen nur über das Team gesprochen wird. Alle anderen Meetings unter der Woche werden sehr projektbezogen gehalten.

Tiefe Gespräche: Gelegenheiten für tiefe Gespräche innerhalb des Teams zu schaffen, kann das Vertrauen und die Beziehungen stärken. Das ermöglicht ein besseres Verständnis der individuellen Bedürfnisse und Herausforderungen jedes Teammitglieds. Achten Sie darauf, dass Sie nicht nur über die Performance mit dem Nähetyp sprechen. Nutzen Sie auch die tieferen Stufen der Beziheungskommunikation indem Sie nach privaten Themen fragen aber auch Kritisches wie Kritik an der Zusammenarbeit oder auch ihrer Person thematisieren, wenn es passend erscheint. Wenn Sie immer nur an der kommunikativen Oberfläche bleiben, dann ist das dem Nähetyp zu wenig.

Feedback zur Zusammenarbeit:
Geben Sie dem Nähetyp gerade über Distanz Feedback zu seiner oder Ihrer Arbeit. Gerade auch wenn es gut läuft. Dadurch weiß der Nähetyp immer woran er ist, was für ihn oder sie immens wichtig ist.

Distanztyp

Stärken

Im Gegenteil zum Nähetypen fokussiert der Distanztyp in der Kommunikation mehr auf das „Was” und weniger auf das „Wie“. Menschen, die diesem Typen zugeordnet werden, benötigen in ihrem Arbeitsumfeld selten enge Beziehungen. Sie agieren oft eigenständig. Effektivität, Effizienz und Resultate stehen im Vordergrund. Der Fokus liegt auf dem Generieren von Lösungen. Der Distanztyp gründet seine Entscheidungen auf Zahlen, Daten und Fakten. Ob rein virtuelle oder hybride Settings, wenn es zu hitzigen Diskussionen in Meetings kommt, behält der Distanztyp einen ruhigen Kopf. Er distanziert sich von den aufgebauten und aufgestauten Gefühlen und handelt rein rational. Dadurch ist er in der Lage „cooling down" Effekte zu erzeugen und den allgemeinen Fokus wieder auf das Wesentliche zu lenken.

Schwächen

Der Distanztyp handelt vor allem lösungs- und sachorientiert. Dass dabei zwischenmenschliche Beziehungen und die damit einhergehende Empathie auf der Strecke bleiben können, ist für ihn nicht von Bedeutung. Generell Nähe in Kommunikation herzustellen, die für tiefere Verbindungen wichtig ist, stellt sich als ihre/ seine größte Schwäche heraus. Schäuen Sie sich nicht davor bei mangelnder Empathie und zu hartem Auftreten den Distanztypen auf sein Verhalten aufmerksam zu machen.

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Foto (C) Forest Simon auf Unsplash

Umgang

Virtuelle Settings:
Distanztypen finden sich in virtuellen Settings gut zurecht, daher ist es empfehlenswert asynchrone und synchrone Medien gleichermaßen zu nutzen. Nutzen Sie vor allem asynchrone Medien, um die synchrone Zeit möglichst kurz und auch effizient zu halten. Schicken Sie bspw. schon vorab Material, das durchzuarbeiten ist, sodass es im Meeting wirklich um produktive Diskussion geht. Grundsätzlich ist es sinnvoll in Gesprächen den Fokus auf Effektivität, Effizienz und Resultate zu setzen.

E-Mails:
Wie oben schon beschrieben kommen Distanztypen gut mit asynchrone Medien zurecht. Dennoch sollte man bei E-Mails einige Sachen beachten. Hier ist weniger mehr. Eine geordnete Struktur mit klarem Aufbau wird von Distanztypen bevorzugt. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass Nachrichten schnell lesbar sind und der Grund bzw der Nutzen leicht ersichtlich ist. Da E-Mails einen Negativity Bias haben, d.h. sie werden immer negativer gelesen, als sie eigentlich gemeint waren, sollten Sie als Distanztyp folgende Regel beim Schreiben beachten: Doppelt so warmherzig, halb so kaltblütig.

Dauertyp

Stärken

Der Dauertyp favorisiert Ordnung, Klarheit und Tradition. Personen dieses Typs versuchen Werte, Normen und klare Regeln im Team nachhaltig zu etablieren. Auch das Erkennen und Entwickeln von neuen (Unternehmens-) strukturen ist eine Stärke dieser Personen. Der Dauertyp kommuniziert klar, strukturiert und sehr explizit. Zusätzlich schützt der Dauertyp ein Team auch vor unnötigen Fehlinvestitionen und davor jedem Trend nachzulaufen, da er neuartige Ideen auf Umsetzbarkeit abklopft und mit den bestehenden Systemen vergleicht.

Schwächen

In einer sich stetig beschleunigenden und immer komplexer werdenden Arbeitswelt ist der Wandel stetiger Begleiter. Mit diesem Wandel tut sich der Dauertyp grundsätzlich schwer. Er sieht oft Veränderungen als Kritik an der Vergangenheit. Ihr ausgeprägter Fokus auf Strukturen und das Festhalten an etablierten Verfahren führt dazu, Wandel meist sehr skeptisch beäugt wird und möglicherweise eine gewisse Zeit benötigt wird, um sich auf die neue Veränderung nun einzustellen.

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Foto (C) Vlad Sargu auf Unsplash

Umgang

Asynchrone Medien:
Der Dauertyp bevorzugt asynchrone Medien und Kommunikation. Diese ermöglichen ihm oder ihr Zeit zur Reflexion und zur tiergehenden Vorbereitung von Kommunikation. Dieser Typ ist ebenfalls gerne gut vorbereitet, weshalb es Sinn macht diesem zuvor Arbeitsmaterial als Gesprächsgrundlage zur Verfügung zu stellen.

Gespräche:
Den Dauertyp gewinnt man selten in einem Gespräch für eine anstehende Veränderung. Meist braucht es mindestens zwei. Im ersten Gespräch sollte die gemeinsame Vergangenheit wahrgenommen, wertgeschätzt und gewürdigt werden. "So wie wir es bisher gemacht haben, war es gut. Nur jetzt muss es sich ändern.", ist die Botschaft, die durchdringen muss. Außerdem ist es wichtig den Schmerz darzustellen, wieso Veränderung notwendig ist sowie den Nutzen der mit der Veränderungen einhergeht. Das muss der Dauertyp nun erstmal verdauen.
Im zweiten Gesprächn zeigte man auf was sich verändert, wie der Dauertyp jedoch hierbei auch unterstützt wird und was bei aller Veränderung auch gleich bleibt. Denn in jedem Wandel gibt es immer auch Konstanz!

Wechseltyp

Stärken

Im Gegensatz zum Dauertypen gehört Veränderungsbereitschaft und Flexibilität zu den Stärken der Wechseltypen. Durch ihre grundlegend optimistische Art fällt es ihnen leicht Veränderungen anzugehen. Ein weiteres Talent dieses Typs ist seine gut ausgeprägte kreative Ader. Es fällt ihm oder ihr leicht ausgefallene Ideen zu generieren und den Status Quo zu challengen. Auch die Begeisterung andere Menschen für diese Ideen ist eine Stärke dieses Kommunikationstyps.

Schwächen

Der Wechseltyp liebt Abwechslung. Insofern Sprint er gerne zwischen Projekten und ist häufig auf zu neuen Ufern, bevor das Projekt ganz abgeschlossen ist. Außerdem folgt er der Devise: "Neu ist immer besser!". Insofern ist er auch sehr anfällig für Trends und auch unnötige Ressourcenverschwendung.

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Foto (C) Chris Lawton auf Unsplah

Umgang

Vertikal statt horizontal kommunizieren: Der Wechseltyp kommuniziert vornehmlich horizontal, das heißt er oder sie bringt von Thema zu Thema. Dabei bleibt die konkrete Umsetzung, das Prüfen von Durchführbarkeit einer Idee oder auch schlicht das Ableiten konkreter To-Do's auf der Strecke. Um das zu vermeiden ist es sinnvoll auf vertikale Kommunikation zu achten. Das heißt sich zu fragen, ob man bei dem Thema wirklich tief genug gegangen und verbindlich verblieben ist. "Wer macht was mit wem bis wann wozu?" ist eine hilfreiche Frageformel, die auch im Umgang mit Wechseltypen Klarheit schafft.

Cherry Picking: Da der Wechseltyp ungerne Routinetätigkeiten und Detailarbeiten übernimmt, kann es gerade beim Arbeiten über Distanz dazu kommen, dass sich der Wechseltyp vor allem die spannenden Aufgaben aus dem Backlog zieht. Achten Sie darauf, dass auch der Wechseltyp immer mal wieder "Kröten schlucken" muss und stellen Sie auch bei diesen Aufgaben eine hohe Qualität sicher.

Durchführung: Relevante Themen sollten mit dem Wechseltyp am besten in synchronen Meetings besprochen werden. Trotzdem ist es von Vorteil asynchrone Medien im Nachgang zu nutzen. Dadurch kann sichergestellt werden, dass konkrete Action Items wirklich schwarz auf weiß festgehalten sind und somit Ownership geklärt ist.

Digitalität benötigt Individualität. Die Beachtung der Kommunikationstypen kann hierbei helfen auch in einer hybriden Arbeitswelt erfolgreich zusammenzuarbeiten und Wertschöpfung zu erreichen.