Die neue – beschleunigte, digitalisierte und individualisierte – Arbeitswelt stellt Führungskräfte und Mitarbeiter:innen vor kommunikative Herausforderungen:

Wie holt ein Future Fit Leader das Beste aus neuen Kommunikationstechnologien heraus, und wann ist nach wie vor ein face-to-face Gespräch von Vorteil? Wie gelingt ein konstruktiver Austausch über das Für und Wider einer Option, wo doch Entscheidungen so viel rasanter getroffen werden müssen? Und welche Werte und Werkzeuge aus der analogen Welt haben noch immer ihre Gültigkeit?

Mit diesen 7 Tipps, kannst du diese Fragen beanworten und die Kommunikation in deinem Unternehmen verbessern:

1 - Freunde dich mit Dissens an

Dass Konsens der Grundmodus von Kommunikation ist, ist ein Mythos. Die komplexen Problemstellungen der heutigen Arbeitswelt haben fast nie nur eine richtige Lösung.

Als authentischer Future Fit Leader weißt du, dass Dissens der Startpunkt, nicht der Endpunkt von Kommunikation ist. Du bist neugierig und ergründest, welche Annahmen und Werte hinter dem Dissens stecken. Nach der Devise „Information vor Präferenz“ sammelst du in Gruppenmeetings zuerst die wertfreien Vor- und Nachteile aller Entscheidungsoptionen. Als Moderator achtest du darauf, dass die Diskutierenden sich auf ein gemeinsames Teamziel konzentrieren, anstatt sich auf Nebenschauplätzen zu verlieren.

Steht ein konkreter Vorschlag im Raum, dann fragst du direkt oder anonym mithilfe Mentimeter nach den Meinungen deiner Mitarbeiter:innen. Du installierst die rotierende Rolle des Advocatus Diaboli, der Vorschläge hinterfragt, oder bittest Dritte um ihren kritischen Input. Am Ende bringst du deinen eigenen Standpunkt ein und fragst explizit nach ehrlichen Reaktionen.

Auf dem Papier halten viele Unternehmen die Dissens-Kultur hoch. Eines der Leadership Prinzipien von Amazon lautet zum Beispiel: „Leader müssen Entscheidungen, mit denen sie nicht einverstanden sind, auf respektvolle Art in Frage stellen, auch wenn dies unangenehm oder anstrengend ist.“ Uber erwähnt in seinen Values die Bereitschaft zu „disagree and commit“, und auch Nestlé sagt in seinen Corporate Business Principles, dass „jede:r in der Organisation ermutigt wird offen über alles zu sprechen“. Ob diese Dissens-freundliche Kultur in diesen Unternehmen auch tatsächlich gelebt wird, ist eine andere Frage.

Amazon (C) Anirudh auf Unsplash

Foto (C) Ani Rudh auf Unsplash

2 - Sprich zukunftsorientiert

Wer über die Vergangenheit spricht, der:die sucht oft nach Schuldigen. Wer über die Zukunft spricht, der:die fokussiert sich auf Wahlmöglichkeiten, Entscheidungen und Lösungen. Schon Aristoteles unterschied zwischen der forensischen (vergangenheitsbezogenen), demonstrativen (gegenwartsbezogenen) und deliberativen (zukunftsbezogenen) Rhetorik.

Vertrauen braucht zeitliche Stimmigkeit, deshalb gehst du als Future Fit Leader zunächst auf die Zeitebene deines Gegenübers sein. Will der oder die Mitarbeitende über das Problem sprechen, dann sprich über das Problem und springe nicht direkt zur Lösung. Gerade weil Virtualität eine hohe Ergebnisorientierung im Dialog fördert, ist in virtuellen Settings die Versuchung hoch, direkt Lösungen zu präsentieren. Sobald das Problem ergründet ist, fokussiere dich aber auf die Lösung: . Anstatt „Wie konnte das passieren?“, fragst du: “Wie können wir das in Zukunft vermeiden?“

3 - Fördere Freiheit beim Denken und Einigkeit beim Handeln

Zuerst muss man sich einig werden, dann kann man handeln, oder? Stimmt nicht. Gerade in der heutigen, komplexen Arbeitswelt ist perfekte Eintracht eine Illusion.

Als Future Fit Leader würdigst du die Bedenken deiner Mitarbeiter:innen als essenzielle Ressource zur Verbesserung von Maßnahmen. Hast du oder habt ihr, nach reiflicher Überlegung, eine Entscheidung getroffen, dann verschwendest du allerdings keine Energie in das Bekehren jener, die noch zweifeln. Deine Mitarbeiter:innen haben jedes Recht, skeptisch zu bleiben, solange sie sich trotzdem committen, den gewählten Plan aktiv zu unterstützen. Die Devise lautet hier: Disagree and commit. Als Future Fit Leader dokumentierst du außerdem die Bedenken deiner Mitarbeiter:innen und prüfst nach ein paar Wochen oder Monaten, was sich davon bewahrheitet hat.

4 - Trenne Emotion und Argument

Im Entscheidungsprozess sind Gefühle und logische Argumente verwoben, sprachlich solltest du sie aber klar trennen.

Als Future Fit Leader vermeidest du pseudoemotionale Botschaften („Ich habe das Gefühl, dass dieses Produkt ein Erfolg wird“). Denn eigentlich drückst du hier ein logisches Argument aus, kein Gefühl. Emotionen sind nicht falsifizierbar, deshalb behindert dein als Gefühl getarntes Argument jede Form von Dialog. Argumente hingegen sind Behauptungen, die unter bestimmten Annahmen und Erklärungsmustern gültig sind. Deshalb formulierst du deine Argumente unmissverständlich („In meinen Augen wird dieses Produkt ein Erfolg, aber wie seht ihr das?“). So können du und deine Mitarbeiter:innen transparent beleuchten, ob, wo und wie lange die Annahmen und Bedingungen deiner Aussage Gültigkeit haben. Natürlich schätzt du auch den Wert von Emotionen, und kommunizierst diese ebenso eindeutig („Ich bin positiv überrascht!“).

5 - Wertschätze, statt zu loben

Wer sich nach Wertschätzung sehnt, dem ist mit Lob nicht geholfen. Lob („Gute Arbeit!“), hat etwas Gönnerhaftes und verpufft schnell, weil es unspezifisch ist und keinen Bezug zu der erbrachten Leistung herstellt.

Als Future Fut Leader drückst du Wertschätzung aus, indem du die konkreten Leistungen deiner Mitarbeiter:innen und die Wichtigkeit ihrer Beiträge für dich und das Team würdigst („Toll, wie du heute die Präsentation beim Kunden gehalten und den Pitch gewonnen hast, und das noch dazu mit so wenig Vorbereitungszeit. Dieser Abschluss war für das Team und mich enorm wichtig“). Du kennst deine Mitarbeiter:innen außerdem gut genug um zu wissen, ob sie Wertschätzung eher öffentlich oder unter vier Augen erhalten.

6 - Sprich offen über Fehler

Echte Fehlerkultur ist mehr als ein Buzzword. Sie zeigt sich im Handeln von Führungskräften und in den Prozessen und Anreizsystemen der Organisation.

Die Technische Universität Braunschweig hat zum Beispiel detaillierte Leitlinien zur Fehlerkultur aufgesetzt. Darin erklärt Dietmar Smyrek, Vize für Personal, Finanzen und Hochschulbau: „In unserem Verständnis der konstruktiven Fehlerkultur liegt das zentrale Ziel in der umfänglichen Reflexion von Fehlern, die lösungs- und nicht personenorientiert erfolgen soll.

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Altes TU-Gebäude in Braunschweig, Foto (C) Wiki Commons 6. Mai 2005 von Brunswyk

Als Future Fit Leader sprichst du Fehler von dir aus an, vor allem wenn es um deine eigenen geht. Du lädst deine Mitarbeiter:innen ein, Störungen und Lücken in Prozessen – vielleicht vorerst anonym auf einem Miroboard – aufzuschreiben. Berichtet ein:e Mitarbeiter:in von Frust oder Fehlern, dann reagierst du wertschätzend und konstruktiv. Darüber hinaus analysierst du, ob die aktuelle Teamkultur Offenheit erschwert: Wird Innovationsgeist und Fehlerkultur wirklich, auch in Form von Beförderungen oder bei der Jahresabschlussfeier, wertgeschätzt?

7 - Sprich über wichtige, schwierige oder heikle Themen von Angesicht zu Angesicht

Gerade in einer stark digitalisierten Welt hat das face-to-face Gespräch seinen Stellenwert, vor allem für komplexe Gespräche. Schwierige oder sensible Anliegen sind dadurch gekennzeichnet, dass du und dein Gegenüber sich in der Sache uneinig seid, dass das Thema emotional aufgeladen ist, dass du dir eine Verhaltensänderung wünscht, oder eine Entschuldigung ansteht

Als Future Fit Leader erkennst du, welche Situationen Kommunikation von Angesicht zu Angesicht erfordern. Du weißt, dass es beim erfolgreichen Austausch nicht um die perfekte Formulierung geht, an der du in der Email stundenlang feilen kannst, sondern um Authentizität, Respekt und Verbundenheit.

Fazit: Wie verbesserst du die Kommunikation in deinem Unternehmen?

Du schätzt Dissens, sprichst zukunftsorientiert, trennst in deinen Formulierungen Emotion von Argument, förderst freies Denken und gemeinschaftliches Handeln, erkennst Beiträge deiner Teammitglieder an, sprichst über Fehler, und nimmst dir Zeit für wichtige face-to-face Gespräche. Ob dein Start-up, KMU oder Konzern in der digitalen Ära erfolgreich ist, hängt von vielen Variablen ab. Kommunikation ist auf jeden Fall eine davon.