Durch welche Methoden Sie das Vertrauen Ihrer Mitarbeitenden gewinnen

In meinem vorherigen Blogbeitrag habe ich Ihnen erklärt weshalb eine offene Kommunikation mit Ihren Mitarbeitenden zur Bildung von Vertrauen so wichtig ist.

Doch sicherlich kennen Sie den Spruch „Reden ist Silber, schweigen ist Gold.“

Das trifft auch im Businesskontext zu. Denn um als Führungskraft Daten von Ihren Mitarbeitenden zu erhalten, spielt das Zuhören eine entscheidende Rolle. 

Egozentrisches vs. Altrozentrisches Zuhören

Doch Zuhören ist nicht gleich Zuhören.

Ich unterscheide hier zwischen egozentrischem vs. altrozentrischem Zuhören.

Beim egozentrischen Zuhören hören Sie auf drei Arten zu:

  • Sie hören oberflächlich zu, während Sie etwas anders tun wie beispielsweise Ihre Mails checken.
  • Sie hören zu, um zu antworten. Während der/die andere spricht, hören Sie schon Ihrer inneren Stimme zu, wie Sie darauf antworten könnten. 
  • Sie hören zu, um zu widersprechen. Auch hier richten Sie Ihren Fokus auf Ihre innere Stimme, wie diese bereits widerspricht. 

Wenn sich Mitarbeitende öffnen, dann erwarten sie ein präsentes Gegenüber. Nehmen Sie deshalb Ihre eigenen Annahmen, Geschichten und inneren Stimmen aus dem Ohr und schenken Sie Ihren Mitarbeitenden Ihre volle Aufmerksamkeit.

Altrozentrisches Zuhören hilft hierbei. Denn Sie setzen den anderen (altro) in das Zentrum Ihrer Bemühungen und dezentrieren sich von Ihren eigenen Gedanken, Gefühlen und inneren Stimmen.

Sie hören zu, weil Sie Ihren Gegenüber verstehen möchten, oder helfen ihm oder ihr, sich selbst besser zu verstehen. Sie gehen vorbehaltlos in volle Resonanz mit dem Gesagten und überlegen sich erst im zweiten Schritt, wie Sie dazu stehen.

Worauf Sie beim altrozentrrischen Zuhören achten müssen

Sie hören genau hin: Wie beschreibt ein Mitarbeitender die Situation? Welche Emotionen kommen dabei stimmlich und auch körpersprachlich auf? Welche Bedeutung gibt er dem Gesagten? Was bleibt ungesagt?

Versuchen Sie möglichst tief in das Gespräch einzutauchen.

Lassen Sie sich darauf ein und nehmen Sie sich Zeit, in einem störungsfreien Umfeld in den Gedankenstrom des Mitarbeitenden einzutauchen. Legen Sie alles andere beiseite, machen Sie sich Notizen, und fokussieren Sie sich nur auf das Gesagte (Legen Sie dabei die Zungenspitze hinter die beiden vordersten Zähne, sodass sie diese fast aber eben nicht wirklich berühren – klingt komisch, hilft aber extrem!).

Machen Sie sich gute Vorsätze!

Sie werden sehen, dass sich das altrozentrische Zuhören positiv auf die Gewinnung von Vertrauen auswirkt. Und wie François de La Rochefoucauld schon sagte: „Das Vertrauen gibt dem Gespräch mehr Stoff als der Geist“.

Versuchen Sie sich doch in Zukunft etwas mehr Zeit für die Gespräche mit Ihren Mitarbeitenden zu nehmen und Ihr altrozentrisches Zuhören dabei zu trainieren. Machen Sie es sich als Aufgabe ganz beim Gesagten zu bleiben und aufmerksam das Wichtigste zu notieren.

Ich bin gespannt welche Beobachtungen Sie dabei machen werden. Ich bin mir sicher, dass das gegenseitige Vertrauen dadurch noch mal einen ordentlichen Kick bekommt.

Auch die zeitliche Stimmigkeit spielt eine wichtige Rolle

Denn schließlich ist eine der Hauptcharakteristiken der Digitalisierung Effizienz. Auch in der Kommunikation. Innerhalb kürzester Zeit werden riesige Mengen an Informationen ausgetauscht und die besten Lösungen gesucht. Doch das schafft kein Vertrauen.

Das schaffen Sie nur durch Akzeptanz und Sättigung der Zeitebene des Gegenübers.

Dass uns Aristoteles bei diesem Thema und Führung im digitalen Zeitalter als guter Wegweiser dienen wird hätte, wohl kaum jemand von Ihnen gedacht, oder?

Denn im digitalen Raum sind kommunikative Zeitstrukturen entscheidend. Mit diesen hat sich Aristoteles schon beschäftigt, als es das Wort Digitalisierung noch nicht mal gab.

Forensische, Demonstrative und Deliberative Rhetorik

Aristoteles unterscheidet dabei zwischen forensischer, demonstrativer und deliberativer Rhetorik.

Forensische Rhetorik bezieht sich auf die Vergangenheit. Es geht darum, was passiert ist. Meist fragt man sich hier, was jede Seite dazu beigetragen hat, dass eine gewisse Situation entstanden ist, wie sie entstanden ist.

In der demonstrativen Rhetorik geht es um die Gegenwart, darum wie Menschen zu einem Sachverhalt stehen und was er in ihnen auslöst. Es geht um Einstellungen, Werte, Gefühle, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Personen.

In der deliberativen Rhetorik geht es um die Zukunft, um Wahlmöglichkeiten, Entscheidungen und Lösungen.

Zeitliche Stimmigkeit elementar für Vertrauensgewinnung

Und was hat das alles mit Vertrauen im digitalen Zeitalter zu tun?

Bei der heutigen Schnelligkeit kann es schon einmal passieren, dass man von der Problemschilderung der Mitarbeitenden zu schnell zum Lösungsprozess wechselt.

Verfolgen Sie deshalb also nicht die eigene Zeitdimension, sondern verweilen Sie auf der Ihres Mitarbeitenden. Nehmen Sie ganz bewusst die Effizienz aus dem Kommunikationsprozess und verweilen Sie so lange auf der Zeitebene, bis Ihr Mitarbeitender bereit für die folgende ist. Genau das ist Empathie: Gehen Sie die Zeitebene Ihres Mitarbeitenden mit, statt Ihre eigene zu setzen.

Sie können durchaus von der forensischen Rhetorik in die demonstrative Rhetorik wechseln, also vom Problem zur Bewertung dieses Problems.

Achten Sie jedoch darauf, dass der Wechsel von forensischer zu deliberativer Rhetorik – also vom Problem zur Lösung – nicht zu abrupt kommt. Denn dadurch entsteht beim Mitarbeitenden das Gefühl, dass Sie das Problem noch gar nicht richtig verstanden haben und er oder sie beginnt wieder mit der Problembeschreibung.

Stellen Sie Nähe und Vertrautheit her, wenn Sie (digital) mit Ihren Mitarbeitenden kommunizieren und legen Sie Ihr Effizienzdenken beiseite.

Gut Ding will Weile haben. Das ist auch bei Vertrauen so. Es braucht Zeit, sowohl beim Start als auch in der rhetorischen Dimension.

Eigenes Handeln hinterfragen

Hinterfragen Sie einmal selbst Ihr Vorgehen: Wechseln Sie vielleicht manchmal zu schnell vom Problem zur Lösung, oder geben Sie Ihren Mitarbeitenden die Zeit von einer Dimension in die nächste überzugehen?

Ich weiß, manchmal hat man einiges um die Ohren und will alles möglichst effizient erledigen, doch gerade beim Aufbau von Vertrauen sollten Sie Ihren Mitarbeitenden und auch sich ausreichend Zeit lassen. Sie werden sehen, später wird sich das in jedem Fall auszahlen.

In meinem neuen Buch Mitarbeiter führen in der digitalen Ära – Wie man digitale Effizienz und Menschlichkeit in Zeiten von Homeoffice und New Work verbindet gehe ich detaillierter auf dieses Thema ein und erkläre Ihnen, was Sie beachten müssen, wenn Sie das Vertrauen Ihrer Mitarbeitenden weiter fördern möchten.