Wann sind Sie motivierter einer Arbeit nachzugehen?

A.: Wenn Sie voller Tatendrang sind, das Gefühl haben, dass man auf Sie vertraut und wenn die Aufgaben herausfordernd sind?
oder:
B.: Wenn Ihnen ständig auf die Finger geschaut und bei jedem noch so kleinen vermeintlichen Fehler die Meinung gegeigt wird?

Ich würde behaupten, dass die Mehrheit von Ihnen zu Antwort A tendiert.

Genauso geht es Ihren Mitarbeitenden auch.
Vermitteln Sie Ihren Mitarbeitenden als Führungskraft dass Sie ihnen ständig auf die Finger gucken und sie bei jeder noch so kleinen Aufgabe kontrollieren, haben Sie irgendwann mit hoher Wahrscheinlichkeit demotivierte Mitarbeitende und werden das früher oder später auch an einer sinkenden Gesamtleistung des Unternehmens zu spüren bekommen.

Vermitteln Sie Ihren Mitarbeitenden hingegen Vertrauen und geben Sie ihnen deutlich zu verstehen, dass sie eigenverantwortlich handeln können, dann werden Sie sehen, dass Ihre Mitarbeitenden zu Höchstform auflaufen werden und in vielen Fällen auch bereit dazu sind, mehr zu arbeiten als eigentlich nötig.

Wie Sie nach einer Enttäuschung Vertrauen zurückgewinnen

Vertrauen gewinnen

Leichter gesagt als getan denken Sie? 

Vielleicht wurde Ihr entgegengebrachtes Vertrauen in der Vergangenheit bereits missbraucht, oder Ihnen fällt es grundsätzlich schwer zu vertrauen?

Ja, Vertrauen muss wachsen und es braucht Zeit, bis es entsteht, denn Vertrauen ist nicht einfach da. Es entsteht als Interaktionsmuster zwischen zwei Personen und basiert letztlich auf der Vertrauenswürdigkeit der Einzelpersonen. 

Charles H. Green hat gemeinsam mit seinen Kollegen im Buch The Trusted Advisor anschaulich dargelegt, worauf diese Vertrauenswürdigkeit basiert. 

Durch meine eigenen Gedanken habe ich diesen Vertrauensquotienten ergänzt:

Vertrauensquotient

Die drei Säulen der Vertrauenswürdigkeit

Glaubwürdigkeit beschreibt dabei Worte und Gedanken einer Person. 

Sprechen Sie aus was Sie denken und zeigen Sie mit Ihrem Gesprochenen, dass Sie Expertise in dem haben, über was Sie sprechen? Oder bekennen Sie auch mal, wenn Sie sich in einem Bereich nicht auskennen? Trauen Sie sich auch als Führungskraft die Worte zu sagen: „Ich weiß es nicht“?

Ja, auch das ist ein Zeichen von Glaubwürdigkeit. 

Doch um überhaupt als glaubwürdig wahrgenommen zu werden, ist es vor allem für verteilt und virtuell arbeitende Teams entscheidend, dass man sich überhaupt zeigt. 

Stellen Sie sich nur einmal vor, Ihr Vorgesetzter oder Kollege schaltet bei jedem Zoom-Meeting die Kamera ab. Würden Sie die-/denjenigen als glaubwürdig einstufen? 

Nein! Denn Glaubwürdigkeit hat mit Sichtbarkeit und Konkretheit zu tun.

Verlässlichkeit ist abhängig von Taten und Handlungen. 

Kann man sich nicht nur auf Ihre Worte, sondern auch auf Ihre Taten verlassen? Liefern Sie, was Sie versprochen haben und das zum vereinbarten Zeitpunkt?

Nur wer Versprechen einhält, kann seine Verlässlichkeit erhöhen. Geben Sie nur dann Versprechen ab, wenn Sie sich sicher sind, dass Sie diese auch einhalten können! Better be safe than sorry! ist hier die Devise.

Denn ein bereits gemachtes Versprechen zu revidieren ist in jedem Fall kostspieliger als von Anfang an klar KEIN Versprechen abzugeben. 

Intimität bezieht sich auf die Offenheit, mit der Sie anderen Personen in Bezug auf Ihre eigenen Unsicherheiten, Zweifel und Probleme entgegentreten. 

Indem Sie Ihren Gegenüber zeigen, dass auch Sie nur ein ganz normaler Mensch mit eigenen Sorgen und Fehlern sind, bauen Sie zwischenmenschliche Brücken. Gerade in der New-Work-Bewegung wird die Forderung nach Verbundenheit und Vertrautheit - Stichwort hier psychologische Sicherheit - immer größer. 

Doch Vorsicht! Zu viel Intimität kann auch verstörend wirken und anstatt zu mehr Vertrauenswürdigkeit eher zu mehr Abstand führen. Hier braucht es also Stimmigkeit, was die Gesprächstiefe angeht. Orientieren Sie sich hier gerne am aristotelischen Prinzip „Aptum“: Was ist stimmig für mich, das Gegenüber, das Thema und den Kontext, in dem wir uns befinden.

Sicher ist hingegen, dass ein kompletter Verzicht auf Emotionen und Schwächen zu weniger Vertrauenswürdigkeit führt. 

Die genannten Variablen können die Vertrauenswürdigkeit des Einzelnen also stärken.

Doch gleichzeitig gibt es auch zwei Faktoren, die zum Gegenteil führen: 

Die zwei No-Gos, die Sie vermeiden sollten

No-Go

  1. Selbstorientierung:

Wenn zwar alle oben genannten Eigenschaften, also Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Intimität, auf Sie zutreffen, Sie Ihre Meinung zu Ihren Wissensgebieten abgeben, immer die versprochene Qualität zur vereinbarten Zeit liefern und wenn es die Situation erlaubt, auch mal ihre verletzliche Seite zeigen, dann fördert das zwar Ihre Vertrauenswürdigkeit. Doch wenn Sie das alles nur tun, weil Sie an Ihren eigenen Vorteil denken, z.B. möglichst schnell die Karriereleiter hinaufzuklettern, dann sind Ihre Bemühungen umsonst. Denn Menschen haben ein feines Gespür und merken, wenn Sie etwas tun, weil Sie am Gemeinwohl interessiert sind, oder weil Sie in erster Linie an sich selbst denken. 

Deshalb rate ich Ihnen hier zu mehr Transparenz.

Selbstorientierung ist an sich nicht schlecht. Jeder von uns verfolgt seine eigenen Interessen. Doch überlegen Sie sich, wie sich Ihre Ziele mit jenen Ihrer Mitarbeitenden decken können. Führung hat immer auch mit dienen zu tun und deshalb dürfen Ihre Interessen manchmal auch in den Hintergrund treten.

  1. Enttäuschungsmomente:

Wurden Sie schon einmal enttäuscht und haben anschließend versucht der Person, die Sie enttäuscht hat, wieder zu vertrauen? 

Dann wissen Sie sicher, dass der Aufbau von Vertrauen Jahre dauern kann, wohingegen die Zerstörung oftmals innerhalb von Sekunden passiert. 

Das Enttäuschen von Vertrauen stellt nämlich die komplette Vertrauensbeziehung in Frage. 

Doch in der Arbeitswelt ist dieses andauernde Misstrauen unvorteilhaft. Wenn Sie von einem Mitarbeitenden enttäuscht wurden, sollten Sie keinesfalls generell misstrauisch werden.

Damit will ich sagen, dass wenn Sie von einem Mitarbeitenden enttäuscht wurden, in so einem spezifischen Fall derjenigen Person in Zukunft etwas genauer auf die Finger schauen sollten bzw. überlegen sollten, ob Sie dieser Person in Zukunft bestimmte Aufgaben übertragen oder nicht. 

Doch das Vertrauen vollends zu entziehen macht nicht nur dem/der Mitarbeitenden das Leben schwer, sondern Ihnen ebenso. 

Wir alle machen Fehler, aber das heißt nicht, dass wir grundsätzlich schlechte, oder nicht vertrauenswürdige Menschen sind. 

Sollten Sie enttäuscht werden, geben Sie die Hoffnung nicht auf und vertrauen Sie trotzdem auf Ihre Mitarbeitenden. Schauen Sie nach Enttäuschungsmomenten einfach etwas genauer hin und überlegen Sie sich, wie Sie vorgehen möchten, wenn Sie von speziellen Mitarbeitenden mehrmals enttäuscht werden. Und fokussieren Sie sich auf die vertrauenswürdige Mehrheit in Ihrem Team!

Ein Tool zur Diagnose oder Intervention in Ihrem Unternehmen

Diesen Vertrauensquotienten können Sie entweder für die Diagnose oder für die Intervention in Ihrem Unternehmen nutzen.

Nutzen Sie es als Diagnosetool, indem Sie bei sich selbst oder auch bei einem Mitarbeitenden anhand der Variablen analysieren, wie es um die Vertrauenswürdigkeit steht und suchen Sie anschließend nach Interventionsmöglichkeiten suchen.

In der heutigen Arbeitswelt ist Vertrauen ein unglaublich wichtiger Faktor in der Zusammenarbeit. Da Sie nicht mehr alle Ihre Mitarbeitenden um sich haben und dementsprechend nicht mehr so viel voneinander mitbekommen, müssen Sie vertrauen, dass Ihre Mitarbeitenden im Wohlwollen Ihres Unternehmens handeln. 

Ist kein Vertrauen vorhanden, machen sich Egozentrik und Gerüchte breit.

Um das von vornherein zu vermeiden, sollten Sie sich auf das Gold der Zusammenarbeit fokussieren: Vertrauen!

Überlegen Sie einmal für sich: Was können Sie, basierend auf den Säulen Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Intimität tun, um Ihre eigene Vertrauenswürdigkeit oder die eines Mitarbeitenden zu stärken?

Tiefergehende Informationen rund um das Thema finden Sie in meinem Buch Mitarbeiter führen in der digitalen Ära - Wie man digitale Effizienz und Menschlichkeit in Zeiten von Homeoffice und New Work verbindet

Benötigen Sie in Ihrer Position Unterstützung in Bezug auf Vertrauen und Kontrolle, schreiben Sie mir gerne unter: mail@sebastian-pfluegler.com

Sebastian Pflügler ist Experte für New Work Soft Skills. Der Kommunikationswissenschaftler (M.A.) und Wirtschaftspsychologe (M.A.) unterstützt Profit- und Non-Profit Organisationen dabei den Anforderungen der neuen Arbeitswelt gewachsen zu sein. Sei es durch eine neue Art der Kommunikation (New Era Communication), eine neue Art der Führung (New Work Leadership) oder durch eine gut ausgebildete Stressresistenz (Health @ Work).